Andante moderato op. 117,1

In die wilden Zaubergärten
unserer Kindheit
waren alle Blumen dieser Erde
eingewoben.
Ihre Farben und Düfte
durchströmten
die Tiefe des Augenblicks
mit unermesslicher Klarheit.
In kristallinen Stunden
erlöste uns
die Anmut ihrer Schwingungen
von der Schwermut der verrinnenden Zeit.
Die Blumen dufteten und schwiegen;
sie dufteten und schwiegen lange.
Ihr Schweigen bedeckte den Horizont
mit einem Gewebe
gewaltiger Schatten.
Vergangen die schwere Süße Arkadiens,
erloschen die verwunschnen Augen
der Stille;
über dunklen Pfaden
reifte das unergründliche Gesetz
der Sterne.
Und die Blumen, sie schwiegen;
bald erfüllte uns
die Sterblichkeit ihrer Körper
mit grenzenlosem Erschauern.
Wir fühlten Verwesung,
die Allgegenwärtige, Unausweichliche.
In der Hand der Schwester
zerrann
das Gespinst
zeitloser Verwunschenheit.
Es zerfiel ganz leise
und unaufhaltsam,
wie ein unaussprechliches Geheimnis,
das letzte Gold der frühen Tage.

8.1.2018

Meiner Schwester Susanne und meinem Bruder Klaus-Jürgen gewidmet